Diagnose Brustkrebs, Haarverlust. Haarersatz!
Es ist der 12. Juli 2011, als ich Abends in meiner linken Brust ein Golfball großes Ei fühlte. Drei Tage später, am 15. Juli, bekam ich die Diagnose Brustkrebs und wurde damit ins Wochenende gelassen. Alles verschwand in einem dichten Nebel. Ich war 26 Jahre alt und hatte Brustkrebs. Das, was gerade passierte, passierte nicht mir. Das war nicht mein Leben. Es folgten tägliche Arztbesuche. Aufklärungen, Untersuchungen, die erste OP. Eine Woche später begann die Chemotherapie. „Das ist das Zeug, welches dafür verantwortlich ist, dass mir die Haare ausgehen.“, dachte ich. Jetzt gab es kein zurück. Es ging alles so schnell.
Ich arbeitete seit 2005 als freie Make-up Artist in Hamburg. Menschen gut aussehen zu lassen, war mein Job. Ein Job in dem es um Schönheit, einen makellosen Teint, volles Haar, dichte Augenbrauen und lange Wimpern geht. Ich wusste was auf mich zukommt und schaute dem Ganzen aufgeschlossen entgegen. Dann würde ich eben Perücken tragen, hatte ich vorher auf Partys ja auch schon gemacht. Schminken konnte ich auch, das würde schon nicht so schlimm werden – dachte ich.
Doch der Moment, in dem es los ging , ich mir mit den Fingern durch die Haare fuhr und auf einmal einen Büschel in der Hand hielt, ohne gemerkt zu haben, dass ich das Haar „herausgezogen“ hatte, kam viel zu früh und schmerzt. Am selben Abend nahm ich den Rasierer in die Hand, setzte mich vor den Spiegel auf den Flur und fing an mir eine Glatze zu rasieren. Mein Freund hielt das Ganze auf Foto und Video fest. Ein krasser Moment. Ein sehr interessanter Moment. Irgendwie befreiend. Es machte sogar Spaß! Frei nach dem Motto „Jetzt ist es eh egal“ rasierte ich erst Zeichen in die kurzen Seiten, dann einen Iro, dann war alles weg. Alles bis auf die dunkelbraune Farbe auf meiner Kopfhaut. Natürlich musste ich vorher noch mal alle Haarfarben ausprobieren und die letzte Farbe war ein dunkelbraun, eine Woche vor der Rasur und diese war nun auf meiner Kopfhaut zu sehen.
Bereits drei Wochen vorher, sagte mir eine Freundin, ich könne ja die Haare die ich für Shootings nutze einfach an eine Mütze nähen und tragen. Stimmt! So eine Mütze hatte ich sogar schon mal vor Jahren. Allerdings mit Kunsthaar. Das Ganze mit Echthaar zu machen, wäre vielleicht eine gute Alternative zur Perücke. Also bastelte, recherchierte und nähte ich in den folgenden Wochen, immer wenn es mir gut ging, denn ich war ja mitten in der Chemotherapie, bis ich schließlich das „Echthaarband“ soweit hatte, wie es nun auch zu kaufen ist. Nach Maß angefertigt, angenehm zu tragen und individuell anpassbar. Dazu gibt’s diverse Stylingmöglichkeiten, da man mit dem Haar alles machen kann, was man auch mit seinem eigenen Haar macht.
Da ich die „Echthaarbänder“ bereits von Anfang an getragen habe, entschied ich mich gegen eine Perücke. Warum soll ich viel Geld für ein für mich total unflexibles Produkt aus Kunsthaar bezahlen, bei dem ich erstens das Gefühl hatte einen Helm auf zu haben und zweitens man oftmals sofort sieht, dass es nicht das eigene Haar ist. Natürlich ist das Geschmackssache und es gibt auch sehr gute Perücken. Für mich persönlich, kam das jedoch nicht in Frage.
Selbst Freunde vergaßen zum Teil, dass ich nicht meine echten Haare trug wenn wir unterwegs waren. Den Test endgültig bestanden die Echthaarbänder, als ich zur zweiten Chemo mit langen, blonden Haaren kam. Die Ärztin welche mich „anschloss“ und schon drei Wochen vorher gesehen hatte, fragte mich nach kurzer Zeit irritiert: „Frau Sieckmann, sind Ihnen noch gar nicht die Haare ausgegangen?“ Drei Wochen vorher trug ich meine zu dem Zeitpunkt schwarzen kurzen Haare.
Hier seht ihr ein vorher / nachher Bild von mir aus meiner Chemozeit: